Es ist ein Wunder der Möbelfindung, ein historisches Dokument, dass einer großen Flamme entkommen ist und …. er ist mein. Geschenkt, einfach so, weil ich ihn zu schätzen wusste, den alten Kerl, weil er mehr wert war als nur ein Stuhl. Ich bin so seltsam berührt von diesen Stück deutscher Geschichte, nun eingepfercht in meinem Kleinwagen.
Die Dame, die mit
mir auf den Speicher geklettert ist, ist selbst ungewöhnlich. Klein, immer lachend
und zum Tratschen aufgelegt, Schlüssel verlierend und stets zu spät, mit einer unfassbaren Angst vor Hunden. Aber
das mit Grund, ich hab die Bisswunden gesehen! Eine Dame in ihren Siebzigern, welterfahren,
weitgereist und spießig geblieben – und charmant.
Oben, tanzender Staub, hinter zerlegten Betten, alten Wappen verzogener Untermieter
und Mäusemumien steht etwas Interessantes: Ein Stuhl aus dem Berliner Reichstag. In der
Nacht des Reichstagsbrands vom Berliner Polizisten W. rausgeholt, „mit anderen Dingen, weil, er
hatte einen Wagen und konnte direkt vorfahren. Das war halt so. Als das Gebäude
brannte, hat jeder geholt, was er tragen konnte.“
„Seither ist er
im Besitz unserer Familie und steht auf Speichern rum. Erst Berlin, dann ist er
mir hierher gefolgt." Die Tochter der Wachtmeisters lächelt verschmitzt, hebt das
Bettlaken und darunter steht er, etwas kürzere Beinchen, „wie das damals so
war“, gerade Lehne, unmäßig bequem. Er hat einen Inventarstempel, aber das
muss ich noch nachforschen.
Sie erzählt von ihren Dienstjahren im Deutschen Konsulat in Persien, vom Schahr, vom Umsturz und
der Flucht der Diplomaten. Sie redet von den weiten Häusern und lautlosen Dienern, die über
großartige Teppiche huschen, von den Menschen im Mittleren Osten, den verschieden
Mentalitäten;clever und charmant die Iraner, geschäftstüchtig die Syrer. Mein
Blick schweift immer wieder zu dem Gemälde der Moschee von Isfahan. Es hängt vergessen
im fast leeren Haus. Ich sehe sie zum ersten Mal bewusst, bekomme Fernweh nach
den himmelblauen Mosaiken, dem Staub der Basare und den unzähligen Gerüchen. Ich
bin doch sonst nicht so…
Ich weiß viel
mehr, aber es gehört ihr. Männergeschichten, von Männern die Geschichte
schrieben und Traurigkeit, weil eininge es nicht konnten.
„Ach, die Munitionskisten, die sind noch von
meinem verstobenen ersten Mann, aus der Zeit als wir den Iranern noch Waffen geliefert
haben. Die Dinger sind mit unseren Sachen aus Teheran gekommen. Jetzt stehen
sie hier rum. Morgen kommt der Sperrmüll ...“ Erst will ich eine, dann - sie
trennen, ach, sie haben so viel zusammen erlebt.
Ich kann nicht
anders, als ihnen ein zu Hause zu geben. Nicht, weil sie Munitionskisten sind,
sie sind hübsch auf ihre Weise, und riesig, aber weitgereist und aus Holz und
wie mein großer Schrankkoffer von 1920 einfach Geschichte.
Einfach nur
Geschichte.
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